Am vergangenen Freitag, 07.10.2011, war es soweit: der neue Planetensatz von APIO, das „58STAR“-Planetengetriebe sollte in mein Reserveverteilergetriebe eingebaut werden, um die lange Übersetzung in der Geländereduktion etwas kürzer zu bekommen. Mein Jimny als einer der letzten mit Schaltknüppelallrad kommt da leider nur auf schwache 30,62:1 im ersten Gang (3,652 x 2,145 x 3,909).
Eine (verrückte) Idee
Möglichkeiten gibt es wie immer mehrere; eine habe ich vor kurzem probiert und wieder verworfen. TRIALJIMNY bietet einen 24%-Kit an. Vorteil: Der erste Gang ist in der Untersetzung mit 37,96:1 ein Stück kürzer, leider erkauft man sich einen eklatanten Nachteil: durch das Ändern der Eingangsübersetzung, nämlich den Austausch des Kettenzahnradpaares von 33/25 auf 36/22, mutiert der fünfte Gang in der Endübersetzung von 5:53:1 zu einem realen vierten Gang auf der Straße. Für die Stadt eine tolle Lösung, da der Jimny spritzig ohne Ende ist, für Landstraßen oder Autobahnen auf Dauer nur was für ganz Harte. Käme ein sechster Gang zum Getriebe hinzu, wäre das allerdings eine geniale Lösung. Ebenso bietet sich das Kit für größere Reifen (ca. 31er) zum Ausgleich des größeren Abrollumfangs an.
Die TRIALJIMNY-Räder mit 36/22 Zähnen anstatt den originalen 33/25.
Beliebt nach wie vor ist auch der Umbau auf das „Viersechzehner“, das Verteilergetriebe mit 1,58:1 im HI und 4,16:1 im LO - so wie es der liebe Bernd verbaut hat. Auch hier wieder das Dilemma mit einem 20 % kürzeren Straßengang - ohne größere Reifen oder den Diesel-Differentialen als „Ausgleich“ für mich uninteressant, da ich bei meinen 215/75 R15 auf absehbare Zeit bleiben werde und den Jimny die meisten Kilometer auf der Straße als „daily driver“ und Reisefahrzeug nutze und der 5. Gang mit seinen 4,46:1 sich angenehm fahren läßt.
Bevor ich also den ganzen Antriebsstrang für ein paar Ausflüge im Jahr in den Mammutpark oder Bösen Wolf komplett umwerfe, bin ich hier im Forum, inspiriert unter anderem durch den Umbau von nr5, der ja seinen Straßengang trotz extrem kurzer Untersetzung beibehielt („huch, wie geht denn das?“) auf das 58STAR, welches APIO vertreibt und - so die Werbung - von „G-TRAC“ hergestellt wird, gestoßen.
Eine technisch höchst raffinierte wie einfache Lösung, wenn man sich etwas mit Umlaufgetrieben beschäftigt hat. Das größere Problem hier war die Beschaffung aus Japan, wo mir auch das Erdbeben und dessen Folgen den Zeitplan ordentlich durcheinanderwirbelten.
Aber der Reihe nach …
Suzuki hat mit der Einführung des Jimnys im Jahr 1998 bei den Benzinmodellen das Vorgelege für die Geländeuntersetzung durch ein Planetengetriebe ersetzt. Kompakt in der Baugröße und konstruktionsbedingt mit hohem Wirkungsgrad, erlaubt so ein Umlaufgetriebe ein großes Übersetzungsverhältnis, welches Suzuki jedoch nicht genutzt hat. Die Spreizung vom Straßengang zum Gelängegang blieb mit 2,145 / 1,32 = 1,625 auf dem Niveau der SJs und Samurais. Verspieltes Potential, wenn man sich die Konstruktion einmal genauer betrachtet:
Exkurs: Das Umlaufgetriebe
Wikipedia hat seinen sehr schönen Artikel zu Planetengetrieben, weshalb ich mir weitere Details zur Funktion an dieser Stelle erspare. Wer sich also nicht nur an den nachfolgenden Bildern amüsieren möchte, sollte also das eine oder andere nachschlagen, wenns ihm spanisch vorkommt
Planet Suzuki: nicht ganz ausgereizt
Zähnezahl Hohlrad: z_H = -96
Zähnezahl Sonnenrad: z_S = 60
Zähnezahl Planeten: z_P = 18 (bei drei Planeten)
Standübersetzung: i_St = -96/60 = -1,6
Im Straßengang ist das Zahnrad auf der Abtriebsseite der Kette, welches mit dem Hohlrad verbunden ist, ebenso mit der Abtriebswelle verbunden. Der Planet ist gesperrt und überträgt 1:1 die Straßenübersetzung.
original Suzuki: Hohlrad links, Planetenträger samt Sonnenrad rechts
Beim Einlegen der Geländeuntersetzung bleibt das Hohlrad an seiner Position und die Schaltgabel zieht den kompletten Planetenträger samt Sonnenrad ein Stück in axialer Richtung aus dem Hohlrad raus. . Die Verzahnung außen an der Sonnenscheibe rückt in die vorgesehene Vertiefung im VTG ein und hält damit das Sonnenrad fest.
Hier im Vordergrund: das Sonnenrad mit der Außenverzahnung für die Sperrvorrichtung
Der Antrieb erfolgt über das Hohlrad, der Abtrieb über den Planetenträger, das Sonnenrad ist fixiert. Macht eine Übersetzung i (siehe Wikipedia) von i = 1 - 1/i_St = 1- 1/-1,6 = 1,625. Das ist der Faktor, mit dem die Eingangsübersetzung von 1,32:1 multipliziert wird und für die 2,145 :1 in der Untersetzung sorgt.
Planetenträger mit Sonnenrad
Hohlrad mit eingestecktem Kettenzahnrad
Das komplette Planetengetriebe mit unten sitzendem Kettenzahnrad
Planet APIO: umgekehrt wird ein Schuh draus.
Zähnezahl Hohlrad: z_H = -100
Zähnezahl Sonnenrad: z_S = 64
Zähnezahl Planeten: z_P = 18 (bei VIER Planeten)
Standübersetzung: i_St = -100/64 = -1,5625
Einzelteile des 58STAR
Blick ins Innere: eines der vier kleinen Planetenräder; darunter sitzt die Verzahnung des Sonnenrades
Ein kluger Kopf bei G-TRAC, für den so ein Planetengetriebe „ganz normaler Maschinenbau“ ist, kam wohl auf die pfiffige Idee, gar nicht erst zu probieren, ob im Rahmen der vorgegebenen Geometrie (Gehäusemaße, Wellendurchmesser) die Standübersetzung großartig geändert werden kann, sondern „einfach“ den An- und Abtrieb des Planeten zu modifizieren.
Wie beim Suzuki-Planet verbindet der Planet die Verzahnung des Kettenzahnrades mit der Abtriebswellenverzahnung, sodaß im Straßengang das Planetengetriebe „überbrückt“ und 1:1 die Eingangsübersetzung durchreicht. Das wars aber schon an Gemeinsamkeiten.
Wie auf den Bildern erkennbar, ist sitzt das Hohlrad „andersherum“ auf der Welle. Ist beim Suzuki-Planet die Öffnung für den Planetenträger samt Sonnenrad „unten“, wenn man von oben auf das geöffnete Verteilergetriebe schaut, so ist sie beim 58STAR oben. Wird nun die Übersetzung geschaltet, zieht die Schaltgabel das komplette Hohlrad samt Innenleben ein Stück zurück, sodaß die Verzahnung des Kettenzahnrades nur noch in die Innenverzahnung des Sonnenrades greift. Das Sonnenrad fungiert also als Antrieb, der Planetenträger als Abtrieb und das Hohlrad ist gesperrt. Die Übersetzung i hierzu errechnet sich nach der Formel i = 1 - i_St = 1 - (-1,5625) = 2,5625. Multipliziert mit der Eingangsübersetzung von 1,32:1 macht das eine Gesamtübersetzung im VTG von 3,3825:1, runde 58% kürzer.
Das komplette Planetengetriebe mit aufgestecktem Kettenzahnrad, so wie in der Untersetzung geschaltet: das Zahnrad greift nur ein kleines Stück hinein und treibt das Sonnenrad an, während der hintere Teil der Innenverzahnung die Kraft auf die Ausgangswelle überträgt. Auch zu sehen: die Sperrverzahnung am Hohlrad.
Beschaffung aus dem Land der aufgehenden Sonne
Die Bestellung erfolgte direkt bei APIO auf elektronischem Wege. Nach ein paar E-Mails waren die Eckdaten festgezurrt, die Bezahlung erledigt (Kreditkarte) und das Paket ging am 12. August im Bauch eines Containerschiffes von Japan nach Deutschland auf die große Reise. Am 29. September kam es ohne piratentechnische Zwischenfälle in Hamburg an. Nach dem langen Wochenende konnte ich es am 4. Oktober beim Zollamt in Duisburg abholen. Die Sendungsverfolgung war, abgesehen von der langen Pause auf See, ganz gut. In Deutschland bekam die Sendung noch eine DHL-Nr. und konnte auch auf diesem Wege - zusätzlich - verfolgt werden.
ES IST DA! Weihnachten!
Fortsetzung folgt ...