Prolog
Über das AGR-Ventil (AGR - "Abgasrückführung") beim Diesel-Jimny hat man das eine oder andere mal hier schon was gelesen; auch auf anderen Websiten tummeln sich Berichte über defekte, verkokte und nicht mehr funktionierende AGR-Ventile - markenübergreifend. Auch jüngere Wagen sind davon nicht verschont, wie der nur zehn Monate alte Toyota RAV 4 (Diesel) meines Vaters letzte Woche bewies: Motorlampe an, Leistung weg, Diagnose: AGR-Ventil defekt. Das geht wohl noch auf Garantie.
Nun hat es auch mich erwischt. Eine Chronik des Grauens:
1. Akt - dunkle Wolken ziehen auf
Tag 1: Nach Feierabend fahre ich mit meinem Jimny der Abendsonne entgegen, als mir an der roten Ampel ein unruhiger Leerlauf auffällt. Noch denke ich mir nichts dabei, denn einen schlechten Tag hat mal jeder von uns - auch der Jimny.
Tag 3: Auf nach Wuppertal, nr5 hat zum Brunch geladen! Anschließend soll das grammatikalische defekte Differential mit begrenztem Schlupf dank der fachmännischen Unterstützung von wickie auf Herz und Nieren bzw. auf Federn und Reibscheiben untersucht werden. Das fällt mangels nicht erfolgter Lieferung aus, das Frühstück und Mittagessen im Roadstop ist dafür umso besser.
Heimwärts gehts bei Tempo 120 auf der regennassen Autobahn; auf den BF Goodrich Winter Slalom rollt er deutlich angenehmer und gefühlt sicherer als auf den original Brückensteinen. Dafür gönnt sich der Jimny heute runde elf Liter Sprit (E5) auf einhundert Kilometer. Soviel schluckt er doch sonst nicht?!
Tag 4: Endlich Montag! Eine neue Arbeitswoche erwartet mich! Auf dem Weg zur Firma fällt der deutlich unruhige Leerlauf bei warmen Motor im Stand auf. Der Kleine schüttelt sich richtig und hüpft munter zwischen 650 und 750 Touren hin- und her. Zwischendurch verschluckt er sich auch und die Drehzahl geht runter auf 600 oder hoch auf 850. Nicht schön, gar nicht schön. Der Scangauge eco liefert in Echtzeit das Drama, das sich unter der Motorhaube abspielt.
Kurz vorm Parkplatz dann der Hilfeschrei aus dem Steuergerät: Motorkontrolllampe (MKL) an. Der Scangauge eco meldet P0400 - „AGR Regelabweichung“.
Ein gutes Rad (sic!) muß ja bekanntlich nicht teuer sein. Google spuckt neben einem defekten AGR-Ventil auch noch ein verkoktes bzw. verstopftes Rohr vom AGR-Ventil zur Ansaugbrücke aus Fehlerursache aus - zumindest so geschehen bei einem Wagon R im Suzukimania-Schwester-Forum. Viele Berichte aus dem weltweiten Datennetz liefern zudem analoges von anderen Herstellern. Ich bin also in bester Gesellschaft!
Ein Griff zum Hörer und mit ORB in Bochum telefoniert. Termin für Dienstagabend fix gemacht. Fehlerspeicher gelöscht, gute Nacht!
2. Akt - schnelle Hilfe zur Selbsthilfe
Tag 5: Mit der seelischen Unterstützung von nr5 an meiner Seite das Verbindungsrohr ausgebaut und mit festgestellt, daß es innen quasi fast wie neu ist. Kaum Ablagerungen. Naja, hätte ja sein können … Beim Testlauf im Stand meldet sich die MKL zurück. Wieder P0400. Schön! Am AGR-Ventil höre ich auf. Die festsitzende Schraube am selbigen und die nicht mehr ganz junge Nacht geben mir zu erkennen, daß sich - wie Goethe schon wußte - in der Beschränkung erst der Meister zeige. Nach „fest“ kommt „ab“ und das muß nicht sein. Gerade bei dem "gut erreichbaren" AGR-Ventil an der Rückseite des Zylinderkopfes hin zur Spritzwand. Daß sich der Würfel zurück über die A40 von Bochum nach Oberhausen wieder einen kleinen Schluck mehr genehmigte, wundert mich nicht (mehr). MKL erneut gelöscht, gute Nacht!
Tag 6: Termin, 8:00 Uhr früh in den nächsten Tagen bei einer Suzuki-Werkstatt irgendwo im Ruhrgebiet ausgemacht - inklusive Chauffeur zum Werkstor. Fein!
Tag 7: Aller guten Dinge sind drei, die MKL ist wieder da. Jetzt soll sie von mir aus leuchten. Der Kleine hustet und schüttelt sich nach wie vor im Standgas. Bei normaler Drehzahl ist dafür alles im Lot - abgesehen vom Verbrauch, der 10 bis 25 Prozent über normal liegt.
3. Akt - im Hause Suzuki
Tag 11, 08:00 Uhr früh: Der Jimny ist in der Werkstatt, Fehlerbeschreibung dagelassen, eine Mitarbeiterin fährt mich mit einem Liana zur Firma. Die Hübsche hinterm Tresen im Verkaufsraum mit der schicken Frisur hätte mir besser gefallen - aber man ja kann nicht alles haben.
Am selben Tag, nachmittags: das Telefon klingelt, ich bekomme Bescheid, daß der Jimny fertig ist und ich abgeholt werden kann. Der Chef bringt mich direkt zum Mechaniker, der mit meinem Jimny beschäftigt war.
Resultat: AGR-Ventil ausgebaut und gereinigt. Seiner Aussage nach war das innen „total verdreckt“. Dann führte er mir den Jimny im Standgas vor. Er lief ruhig - aber bei fast 1000 Touren im warmen Zustand. „Ein guter Wagen läuft mit 950 Umdrehungen im Stand“ aus einem ungläubigen Mund war seine Antwort auf meinen dezenten Hinweis, daß der bisher immer mit 700 Touren wie ein Glöckchen lief und auch Suzuki das laut Werkstatthandbuch angibt. „Der Chef hat eine lange Probefahrt damit gemacht und die MKL ging nicht mehr an“ bekam ich außerdem mitgeteilt. Die Tankanzeige gab ihm Recht.
Mit gemischten Gefühlen einigte ich mich mit dem Mechaniker darauf, die kommenden Tage damit zu verbringen, zu fahren, zu beobachten und dann ggf. kurzfristig vorbeizukommen, um das AGR-Ventil zu tauschen, welches aber „nicht billig“ sei.
4. Akt - die Heimfahrt
Auf der Heimfahrt war es wieder da: nein, nicht der unruhige Leerlauf, aber die Gewißheit, daß hier was nicht stimmt. Zwischen 1000 und 1500 Touren drehte der Motor im Leerlauf. Zuhause angekommen erst einmal den Motor im Stand laufen lassen. Die Drehzahl geht nicht runter, obwohl das Steuergerät eigentlich wissen sollte, daß es herunterregeln muß. Da läuft er also im Stand und ich schalte durch sämtliche Sensoranzeigen auf meinem Scangauge eco. Und dann plötzlich, „TPS 17“ - der „throttle position sensor“, der Geber für die Drosselklappenstellung meldet „17“ im Leerlauf. Das waren doch bisher immer weniger, nämlich 14, wie ich mich wieder erinnerte.
Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: der Mechaniker erwähnte den Gaszug, weil er mit meinem zweiten, nämlich mit dem vom Tempomaten, nicht klarkam, sprich: er wußte nicht, wofür der war. Ein Blick in den Motorraum und ein kurzer Griff am heimischen Parkplatz genügten, um festzustellen, daß das Gasseil null Spiel hatte. 12er Schlüssel geholt und dem Bowdenzug etwas Luft im Standgas verschafft und - oh wunder - die Drehzahl geht wieder runter auf 700, wo sie auch Minuten später noch mit Abweichungen von 10 Touren nach oben und unten munter vor sich dahin drehte. Da hat doch jemand am Standgas herumgemurkst ...
Epilog
Nach den paar Kilometern steht fest: jetzt läuft er wieder wie vorher, nicht wissend, ob die Reinigungsaktion auch für die nächsten 113000 Kilometer reicht oder ob in wenigen Wochen, in wenigen Tagen oder vielleicht schon morgen das AGR-Ventil endgültig den Geist aufgeben wird. Ich werde weiter testen und beobachten. Und auch ist unklar, ob ich für die zweistellige Summe, die ich bezahlt habe, nur eine gut gemeinte Reinigungs- und Beschwichtigungsleistung erhalten habe, um mir kein neues AGR-Ventil verkaufen zu müssen. Ein anderer Mechaniker hätte nicht gezögert und das einfach gewechselt - kostet ja auch "nur" dreistellig. Oder war es der Hektik und dem Streß eines Montagmorgens geschuldet, daß eine Leerlaufdrehzahl von 1000 Touren herauskam? Man weiß es nicht … aber allein schon wegen dem hübschen und freundlichen Mädel hinter dem Tresen sollte ich vielleicht noch mal vorbeischauen …
Fortsetzung folgt!
Jetzt läuft er erst einmal wieder!